Ludwig van Beethoven 1770 - 1827 Mühsamer Alltag - hehre Kunst - die Jahre um die Missa Solemnis |
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Bis 1812 war
Beethoven in der Wiener
Adelsgesellschaft regelmässiger Gast. Doch innert weniger Jahre
starben drei seiner Gönner, darunter auch Fürst Lobkowitz. Es
blieb noch die Freundschaft mit Erzherzog Rudolf, dem kaiserlichen
Bruder und späteren Widmungsträger der Missa Solemnis. Der Neffe Karl, für den der Komponist nach dem Tod seines Bruders 1815 sorgen wollte, und um dessen Vormundschaft er mit eiserner Hartnäckigkeit kämpfte, liess sich, wie mehrere Episoden zeigen, nicht ohne weiteres von seinem Onkel "dressieren". So brach er eines Tages aus seinem Erziehungsinstitut aus und floh zur Mutter, wo ihn die Polizei abholte und zurückbrachte. |
Beethoven beschloss nun,
Karl ganz zu sich zu
nehmen. Der Haushalt, vorher oft chaotisch, sollte jetzt perfektioniert
werden. Verzweifelt hatte Beethoven schon früher immer wieder
versucht, Ordnung zu schaffen inmitten seiner ständigen
Haushaltauflösungen. (Streitigkeiten mit Verlegern oder mit
Kopisten wegen falsch abgeschriebener Noten aus seinen chaotisch
geschriebenen Vorlagen gehören in das selbe Kapitel.) |
Während
dieser äusserlich schwierigen und künstlerisch wenig
produktiven Zeit begann die Beschäftigung mit der Missa Solemnis,
als seinem "eigenen Gottesdienst". Zunächst studierte Beethoven
die alten Kirchentonarten und setzte sich mit Komponisten wie
Palestrina auseinander. 1820 gewann er den langwierigen, kräfteraubenden Prozess um die Vormundschaft Karls gegen dessen Mutter. Er musste jedoch seine erzieherische Unfähigkeit zugeben, ja er akzeptierte allmählich, dass sein "opus magnum" gescheitert war und ihn dazu viel Geld gekostet hatte. Wie wollte ein Mensch, der als Kind keine Liebe erfahren hatte, der sich sein ganzes Leben vergeblich nach Liebe gesehnt hatte, jetzt als beinahe fünfzigjähriger Mann einem Kind väterliche Liebe und Geborgenheit schenken können? |
Beethoven musste resignieren. Nach überstandener Gelbsucht 1821 reagierte er mit neuem Schaffensdrang. Noch bevor die Missa Solemnis beendet war, schrieb er seine 9. Symphonie, das Ideenkunstwerk mit der berühmten "Ode an die Freude" von Schiller. Drei Jahre vor Beethovens Tod wurde sie in seiner letzten grossen Akademie als Krönung nach einer Ouvertüre und den drei grossen Hymnen aus der Missa Solemnis uraufgeführt. Christine Bühler |